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          Download - Fahrleistungs-Schaubild

 

 

 

 

 

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VanVan´s Fahrleistungs-Schaubild

Meine erste Fahrt mit der VanVan, vom Verkäufer zu mir nach Hause, mitten durch das freie Marchfeld nach Wien, fand an einem Tag statt, an dem heftiger Wind herrschte. Natürlich Westwetterlage. Wer die Örtlichkeiten kennt, weiß, das bedeutet vollen Gegenwind. Das Motorrad stand vorher über 2 Jahre unbenutzt in der Garage. Ich kannte es ja auch noch nicht und wollte sie nicht zu hoch drehen, ohne vorher ein Service gemacht zu haben. Nach einigen Kilometern mit stetigem Beschleunigen und Hochschalten und anschließendem Abfallen bis 65 km/h, trotz Herunterschaltens, war ich fast bereit umzukehren, das Ding zurückzugeben und mein Geld zurück zu fordern. Dieses Erlebnis hat sich in meiner Erinnerung eingebrannt. Es war auch ein extremer Tag. Gegenwind ist für die VanVan wegen Leistungsmangel grundsätzlich ein Problem. Mit der Zeit lernt man damit umzugehen und eine kürzere Übersetzung bringt hier Erfolg. Jedoch hat mich dieses Erlebnis so beeindruckt, dass ich diesem Phänomen auf den Grund ging. Ich erstellte dieses Excel-File, mit dem man die Kraft, Drehzahl und Geschwindigkeit in einem Fahrleistungs-Schaubild darstellen kann. Ich hoffe, die Materie ist nicht zu trocken und ich kann so manchen helfen, Sicherheit bei einer Entscheidung zu geben. Ich weiß noch meine eigene Verunsicherung und in den Foren kann man an der Vielzahl von diesbezüglichen Fragen die Unsicherheit feststellen.

Grundsätzlich handelt es sich bei der Kraftübertragung eines Fahrzeugs immer um Untersetzungen. Da der geneigte Leser dieser Zeilen meist kein ausgebilderter Techniker sein wird, werde ich das umgangssprachlich verwendete Wort Übersetzung auch verwenden.

Wenn man Profis danach fragt, wie es sich mit Übersetzungsverhältnissen verhält, bekommt man zumeist die Antwort:
Längere Übersetzung = schneller, schlechtere Beschleunigung.
Kürzere Übersetzung = bessere Beschleunigung, weniger Höchstgeschwindigkeit.

Die VanVan belegt eindeutig, dass dies nicht immer richtig ist. Das Verhalten mit der Beschleunigung stimmt, mit der Höchstgeschwindigkeit funktioniert dies bei der VanVan so nicht. Serienmäßig ist der 6.Gang bei der VanVan so ausgelegt, dass er bei Höchstgeschwindigkeit das Drehzahlniveau niedrig hält. Bei fast allen modernen Fahrzeugen wird dieses Prinzip heute angewandt. Es spart Treibstoff und verlängert die Lebensdauer. Dies ist gut so, wenn ausreichend Kraft zur Verfügung steht. Leider ist dies bei der VanVan nicht der Fall. Viele VanVan-Fahrer ändern daher ihr Untersetzungsverhältnis durch Austausch von Kettenritzel und/oder Kettenrad mit anderen Zähnezahlen. Suzuki ist sich dieser Problematik bewußt und hatte ein Kettenritzel mit 13 Zähnen für unbedenklich erklärt, später aber widerrufen. Selbst haben sie aber das Untersetzungsvehältnis des Sekundärantriebs von 3,4:1 im Jahr 2007 auf 3,5:1 geändert. Dies entspricht den Zähnezahlen 15:51 bei den Baujahren bis 2006. Die späteren Baujahre besitzen 14:49 Zähne. In vielen Foren kann man Kettenexperimente nachlesen. Genaue Zahlen helfen aber ungemein.

Ein einfaches Diagramm zeigt, welche Geschwindigkeit bei welcher Drehzahl erreicht werden könnte. Das Wort "könnte" soll darauf hinweisen, dass damit keine Aussage getroffen werden kann, ob die Kraft für diese Geschwindigkeit tatsächlich ausreicht. Die beiden folgenden Bilder zeigen diese Diagramme für die frühen und die späteren Baujahre.

Diagramm 15/51

rpm 15:51
 

Diagramm 14/49

rpm 14:49
 

Wie man daraus ersehen kann, ergibt die von Suzuki vorgenommene Änderung eine Erhöhung von rund 250 U/min bei 100 km/h. Diese Diagramme sind ausschließlich für die Aussage der Drehzahl bei entsprechender Geschwindigkeit relevant. Aber die Höchstgeschwindigkeit kann man daraus nicht ablesen. Dafür braucht man noch einige weitere Informationen. In einem weiteren Diagramm, dem Fahrleistungs-Schaubild, in dem die entsprechenden Kräfte der Geschwindigkeit gegenüber dargestellt werden, kann man die Höchstgeschwindigkeit ablesen.

Fahrleistungs-Schaubild

FL-SB1 15:51
 

Fahrleistungs-Schaubild 2

FL-SB2 14:49
 

Dieses Fahrleistungs-Schaubild gibt auf der waagrechten Linie die Geschwindigkeit an. Auf der senkrechten werden die Kilos, die uns "anschieben" angezeigt. Natürlich wird dieses anschieben von unserem Hinterreifen bewerkstelligt. Die beiden untersten blauen Linien stellen den Luft- und den Rollwiderstand dar. Die anderen Linien stellen die Vortriebskraft in den einzelnen Gängen dar. Die Höhe zwischen der oberen blauen Linie und den einzelnen Ganglinien ergibt somit die Überschusskraft, welche uns zum Beschleunigen und zum Bergauf-Fahren zur Verfügung steht. Wo sich diese Ganglinien mit der oberen Widerstandslinie kreuzen, sind Widerstandskraft und Vortriebskraft ausgeglichen, d.h. es steht keine Überschusskraft mehr zur Verfügung. Die max. Geschwindigkeit ist erreicht. Auf der Homepage sind die genauen Werte schwer ersichtlich, im Excel-Sheet kann man die Werte aber genau ablesen. Was man aber auch hier erkennen kann, ist, dass die rote Linie des 6.Ganges bei der 14/49er Untersetzung bei höherer Geschwindigkeit die Widerstandslinie kreuzt. Viel wichtiger ist aber die Höhe kurz vor der Höchstgeschwindigkeit über der Widerstandslinie. Das heißt, hier ist wesentlich mehr Überschusskraft vorhanden.

Wenn ich jetzt mit diesem Wissen auf das Drehzahldiagramm schaue, dann kann ich feststellen, dass bei den ~90km/h mit der Untersetzung 15/51 nicht einmal die Drehzahl erreicht wird, bei der lt. Werksangabe das höchste Drehmoment erreicht wird, nämlich 7500 U/min. Erst die 14/49 bringen mich an diesen Punkt. Da geht noch ein bisschen.

Wie geht das nun in der Praxis? Im Excel-Sheet gibt es mehrere Tabs (Linkes Bild). In "Tab1" werden die Daten berechnet und können dann in den Diagrammen "FL-SB1" und "rpm1" betrachtet werden. Um Vergleichen zu können gibt es das ganze noch einmal in Grün, "Tab2" usw. In den mit "Tab-" bezeichneten Tabellen müssen nur die orange markierten Felder mit der vergleichenden Zähnezahl der Kettenräder eingegeben werden. Im violetten Feld das Gewicht des Fahrers und des Motorrades korrigieren und schon kann der Spass losgehen. Im gelben Feld "Gegenwind" kann man noch Gegenwind simulieren und im gelben Feld in der ersten Zeile sein entsprechendes Baujahr eintragen. Bei anderen Änderungen sollte man vorsichtig sein, denn man könnte wichtige Werte oder Formeln überschreiben, die für die Funktion wichtig sind. Die blauen Tabs beinhalten die Leistungskurve des Motors, aus denen Werte zur Berechnung entnommen werden. Hier gibt es nichts zu ändern. Ausgenommen, man hat eine, auf dem Prüfstand ermittelte Leistungskurve des eigenen Motorrads.

In der linken Spalte befinden sich das Excel-File und eine Anleitung zum Herunterladen.

Für jene, unter Euch, die noch nicht ganz sicher sind, wie das geht oder mehr wissen wollen, zeige ich hier am Beispiel meiner ursprünglichen Ritzelkombination die Details. Die unterste dunkelblaue Linie stellt den Luftwiderstand wL dar. Dieser beginnt bei Null und steigt mit der Geschwindigkeit exponentiell. Somit stellt der Luftwiderstand die Hauptkraft dar, welche sich uns bei hohen Geschwindigkeiten entgegen stemmt. Da ich nicht als an Bulimie erkrankter Jockey bekannt bin, muss meine Suzie ein gestandenes Denkmal durch die Gegend schieben. Für normal gebaute Menschen wird diese Abweichung gering ausfallen. Bei einem zarten 45kg-Mädchen wird sich die wesentlich geringere Fläche die sie bietet, eine etwas größere Auswirkung haben. Das Gewicht kommt vornehmlich im Rollwiderstand wR zum Tragen. Jeder der sein Motorrad schiebt, kennt diesen Widerstand. Der wird mit zunehmender Geschwindigkeit nur geringfügig größer. Er wird im FL-SB über dem Luftwiderstand als hellblaue Linie dargestellt. Man kann die einzelnen Kräfte in kp direkt ablesen, wenn man die Maus im Diagramm auf die entsprechenden Punkte bewegt. Desto höher die Ganglinien über dieser hellblauen Linie liegen, umso mehr Überschusskraft kann zum Beschleunigen oder Bergauf-Fahren verwendet werden. Dargestellt wird diese Überschusskraft durch die Ganglinie (Vortriebskraft) minus der hellblauen Gesamt-Widerstandslinie.

Schaubildausschnitt

Wie auf diesem Ausschnitt zu sehen ist beträgt die Widerstandskraft bei 90km/h 21,4 kp. Im 6.Gang beträgt die Vortriebskraft 21,3 kp. Das bedeutet, dass man nur knapp an die 90 km/h herankommt. Im 5.Gang hat man aber 21,7 kp zur Verfügung. Diese 0,3 kp mehr bewegen das Motorrad etwas über die 90er Marke hinaus. Im rpm-Diagramm kann man ablesen, dass bei 90 km/h im 6.Gang eine Drehzahl von 7360 U/min und im 5.Gang 8316 U/min erreicht werden. Weiters habe ich die Werte der Überschusskraft bei 80km/h eingezeichnet. Im 6.Gang hat man 2,1 kp zur Verfügung, während man im 5.Gang 5,9 kp, also fast die 3-fache Überschusskraft hat. Die gelben Striche sollen veranschaulichen, dass durch das Ansteigen der Drehmomentkurve, sich bis 85 km/h die Ü-Kraft auf ca. 1,5 kp verringert, doch dann neigt sich diese Kraft dem Ende zu und die Überschusskraft geht l a n g s a m gegen Null. In der Praxis bedeutet dieses Erreichen der Höchstgeschwindigkeit, den Beginn der Ewigkeit, während man die Wartezeit nutzt, den Gasgriff auszuwringen.

Suzuki hat also gut daran getan, die Serienuntersetzung zu ändern. Die 15/51 Kombi drückt die Drehzahl zu sehr, sodass man nur schwer in den Bereich des höchsten Drehmoments gelangt, der ja auch der Wirtschaftlichste ist. Ich habe mit dem Fahrleistungs-Schaubild und auch in der Praxis mit allen erdenklichen Kombinationen gespielt und immer hat dieses Schaubild exakt die Praxis wiedergegeben. Es gibt nur zwei Kombinationen, die wirklich Sinn machen. Die Eine ist die jetzt serienmäßige 14/49 Kombi. Ich bevorzuge allerdings die noch kürzere 14/51 Paarung. Die Drehzahl steigt von 7580 auf 7890 U/min bei 90 km/h, bei deutlich gestiegener Überschusskraft. Weitere Strecken fahre ich ohnedies nur mit 80 - 85km/h. Vorne ein 13er Ritzel bringt nur hohe Drehzahlen, bei verringerter Vmax und im unteren Geschwindigkeitsbereich habe ich ohnehin immer einen passenden Gang. Es wird ersichtlich, dass es durch Übersetzungsänderung nur möglich ist, die Höchstgeschwindigkeit max. um 2 - 4 km/h zu variieren. Es hat aber großen Einfluss auf die Drehzahl und die Beschleunigung im Bereich vor der Höchstgeschwindigkeit.

In Ermangelung einer werkseitigen Drehmomentkurve oder der meiner eigenen Maschine, nahm ich eine Kurve aus dem englischen Forum. Ich hoffte, dass die Serienstreuung nicht allzu groß ist und die Kurve, den Leistungsdaten meines Motors ähnelt. Dem ist so, da die Praxis alles bestätigt, was mit dem Fahrleistungsschaubild und dieser Kurve errechnet wurde (Bild, linke Spalte). Karl, der Administrator des englischen Forums hatte seinen Motor auf einem Prüfstand und ich setze sein Einverständnis für die private Verwendung voraus, sonst hätte er die Leistungskurve nicht im Forum veröffentlicht. Die zweite Leistungskurve auf der Abbildung ist mit einem Sportauspuff ohne dB-Eater gemessen. Hier kann man deutlich erkennen, dass man laut, aber nicht unbedingt schnell sein muss.

Nachdem jetzt wahrscheinlich bei euch das Hirn raucht, möchte ich euch etwas ganz anderes um Augen und Ohren werfen. Der Mensch lebt ja nicht nur vom Benzin reden und zangeln. Dieses Dokument entspricht in der Bild- und Tonqualität zwar nicht dem heutigen Standard. Es ist rund 50 Jahre alt. Musik und Ausdruck aber, sind heute noch top. Son House - Death Letter Blues